Neurologische Erkrankungen interdisziplinär erforschen

In den letzten Jahrzehnten haben wir enorme Fortschritte im Verständnis des Gehirns und des zentralen Nervensystems gemacht. Diese neuen Erkenntnisse ermöglichen es, immer mehr neurologische Erkrankungen besser zu verstehen und zu therapieren. So stehen für einige Erkrankungen inzwischen neue Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Aber können diese Erkenntnisse auch auf andere neurologische Krankheiten übertragen werden? Schließlich handelt es sich beim Gehirn um das komplexeste Organ des Körpers. Mit seinen rund 86 Milliarden Neuronen birgt es noch immer viele Rätsel.

Chris Henderson, Head of Research bei Biogen, ist davon überzeugt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Forschung an einer Krankheit auch bei anderen neurologischen Erkrankungen weiterhelfen können.

Es geht vor allem darum, Erfahrungen in der Erforschung von Erkrankungen und der Entwicklung von Behandlungen zu sammeln. Wenn man das schon viele Male für unterschiedliche Erkrankungen getan hat, kann man auf diesem Wissen aufbauen und damit beginnen, die einzelnen Punkte miteinander zu verbinden.

 

Biogens Forschungsteam verfolgt zwei Ansätze. Einerseits forscht das Team weiter an Erkrankungen, für die Biogen bereits Medikamente entwickelt hat. Andererseits richten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihren Blick in die Zukunft und forschen in Bereichen, in denen Biogen bisher noch keine Therapien anbietet, zukünftig aber etwas bewegen könnte. 


Chris Henderson ist überzeugt, dass es besonders wichtig ist, Synergieeffekte zu nutzen: „Was wir über die Krankheitsmechanismen und Behandlungsstrategien von Erkrankung A gelernt haben, können wir – wo es möglich ist – eventuell auch auf Erkrankung B anwenden.“

Chris Henderson, Ph. D., ist Head of Research bei Biogen.

 

Von SMA zu ALS und darüber hinaus

Als Biotechnologieunternehmen mit dem Fokus auf Neurowissenschaften ist Biogen für die Forschung an drei neurologischen Erkrankungen bekannt: Multiple Sklerose (MS), spinale Muskelatrophie (SMA) und der Alzheimer-Erkrankung.

Für diese Erkrankungen hat Biogen verschiedene Wirkstoffe auf dem Markt und in der Pipeline. Chris Henderson zufolge ist das Ziel, den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten noch besser gerecht zu werden – entweder durch andere Wirkmechanismen oder durch verbesserte Patientenfreundlichkeit. Als Beispiel führt er die erste Generation entzündungshemmender Medikamente für die schubförmig verlaufende MS an. Allerdings sieht er nach wie vor besonders bei den progredienten Formen der MS, also mit einem zunehmend schweren Verlauf, einen großen ungedeckten Bedarf.

Einen weiteren Grund für den positiven Ausblick des Ansatzes bieten die zahlreichen Verbindungen zwischen SMA und der amyotrophen Lateralsklerose (ALS). Wie SMA ist auch ALS eine neuromuskuläre Erkrankung, bei der Neuronen betroffen sind, die die willkürlichen Muskeln steuern.

„Wir haben erkannt, wie wichtig es ist, die der SMA zugrundeliegenden genetischen Elemente zu verstehen. Daher haben wir uns zunächst auf die seltenen, genetischen Varianten der ALS konzentriert”, sagt Chris Henderson. Die Erkenntnisse aus der Erforschung dieser seltenen, genetischen Varianten sind nun Wegweiser für die Forschung an den weniger seltenen, nicht genetischen Formen der ALS. Dies zeigt, dass die Erfahrung des Teams bei der Erforschung seltener Erkrankungen auch die Forschung an anderen Erkrankungen voranbringt – auch wenn die genetischen Ursachen sich unterscheiden.

 

Biogens Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen an unterschiedlichen neurologischen Erkrankungen.

 

Von der Alzheimer-Erkrankung zur Parkinson-Krankheit

Biogen forscht schon lange an Therapien für die Alzheimer-Erkrankung, die häufigste Form der Demenz. Auf diesen Erfahrungen will das Team rund um Chris Henderson nun aufbauen und sich einer weiteren Herausforderung stellen: der Parkinson-Krankheit.

Für uns ist das ein logischer Schritt”, sagt er. „In beiden Fällen sterben Neuronen ab, und es handelt sich um Krankheiten, von denen sehr viele Menschen betroffen sind.

Hoffnung machen vor allem die Fortschritte auf dem Gebiet der Biomarker. Bei Biomarkern handelt es sich um messbare Parameter, die Aufschluss über die biologischen Prozesse in unserem Körper geben. Biomarker werden schon heute genutzt, um fehlerhaft prozessierte Proteine im Gehirn zu untersuchen und so auf den Verlauf der Alzheimer-Erkrankung zu schließen. Neben der Alzheimer-Erkrankung weist auch die Parkinson-Krankheit solche fehlgefalteten Proteine auf. Die Anwendung des gleichen Ansatzes könnte die Entwicklung von Behandlungen für die Parkinson-Krankheit optimieren, ist jedoch technisch anspruchsvoller als bei der Alzheimer-Erkrankung. Dennoch konzentriert sich das Team um Chris Henderson auf die Erforschung von Biomarkern für die Parkinson-Krankheit: „Wir glauben, dass dieser Ansatz sehr vielversprechend ist.“

 

Von der Zusammenarbeit zur echten Innovation

Die Tatsache, dass ihre Arbeit Patientinnen und Patienten zugutekommen könnte – und möglicherweise auch engen Freunden und Familienangehörigen – hat viele der weltbesten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu veranlasst, sich Biogens Forschungsteam anzuschließen. Gleichzeitig aber, so Chris Henderson, ist den Mitarbeitenden auch die Kultur der Zusammenarbeit wichtig. Diese erstreckt sich über die Grenzen von Biogen hinaus auf Expertinnen und Experten in anderen Organisationen.

„Akademische Wissenschaftler, Ärztinnen und Ärzte an führenden medizinischen Zentren, andere Biotech-Unternehmen mit speziellem Fachwissen, die Patientinnen und Patienten selbst – sie alle sind für unsere Arbeit entscheidend”, so Chris Henderson. Und da die Forschung nicht in den Händen einer einzelnen Organisation oder Person liegt, können alle davon profitieren – sowohl von den Erfolgen als auch von den Erfahrungen aus Rückschlägen. Chris Henderson ist sicher: „Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit hat uns dorthin gebracht, wo wir heute stehen. Und sie wird uns auch in die Zukunft führen.“

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